Geschichten von der Strasse

TR-Adventskalender #19

15419328_924096924358597_1969232532_o

#19: Tue Gonzo

Es ist ein bisschen mehr als 13 Jahre her, dass ich Jack Kerouacs “On the road” gelesen habe. Das Buch hat mich in vielfältiger Weise inspiriert, was total klischeehaft klingt, ich weiß, aber damals war das noch nicht der Fall.

Verdammt, ich merke gerade, dass ich keine 60 bin, dass macht mich selbst zum Märchenonkel, egal, zurück zu meiner lesebedingten Reiselust.

Nachdem ich die inspirierenden Zeilen eines jungen Trampers gelesen hatte, der in den 60ern mit dem Rucksack per Anhalter die Staaten durchquerte, wurde mir klar, dass ich diese berauschende Art und Weise des Reisens mit dem Namen Trampen ausprobieren sollte.

Ich schrieb fast allen meinen Freunden, dass ich etwas total Neues, Außergewöhnliches vor habe und ja, einige haben interessiert geantwortet. In moderne Kommunikation übersetzt bekam ich ungefähr 50 Likes, 12 Emoticons und 4 Shares für meine grandiose Idee.

Mein Plan war es von Kalundborg nach Kopenhagen zu trampen, eine beängstigende Distanz von 120 Kilometern. Dänische Kilometer! (was normalen Kilometern entspricht, aber bessere, einfach schönere Kilometer…)

Kalundborg hat gerade Mal 20.000 Einwohner und folglich gibt es nur eine Straße, die von dort nach Kopenhagen führt und es dauert gerade mal 15 bis 20 Minuten, um dorthin zu laufen.

Mein 17-jähriges Ich sah fantastisch aus an der Straße: Der Daumen raus gestreckt, die Haare im Wind, und ich grinste den Fahren wie ein Honigkuchenpferd entgegen.
Wie ihr euch sicher denken könnt, dauerte es nicht lange und ein Auto hielt an. Es ging nur bis in die nächste Stadt, aber das war vollkommen in Ordnung für mich.

Der nächste Spot war genauso gut, die Autos waren langsam, ich gut sichtbar und es gab viel Platz um anzuhalten. Mein Daumen hatte war noch nicht mal kalt, da stoppte schon das nächste Auto.

Und was passierte jetzt? Ich bekam tatsächlich einen Lift direkt nach Kopenhagen, aber ich sagte dem Fahrer, dass ich nur 20 bis 30km mitfahren möchte, und beim nächsten Auto machte ich das ganz genauso.

Warum?

 
Ganz einfach: Mir ging es nicht darum, nach Kopenhagen zu kommen. Ich wollte trampen und nur durch meinen Daumen in verschiedensten Autos mitfahren und mit den unterschiedlichsten Leuten quatschen.

Nach fünf bis sechs Lifts kam ich in Kopenhagen an und ich lief die letzten acht km bis zum Hauptbahnhof, wo ich mich in den Zug setzte um zurück nach Kalundborg zu fahren. Die nächsten anderthalb Stunden verbrachte ich dann damit, ganz in Ruhe mein Lunchpaket zu verspeisen.

Das war also mein erstes Mal Trampen: Ich habe es erfolgreich von A und B geschafft und wieder zurück nach A. Ich habe mehrere Direktlifts abgelehnt und ich kann sagen, dass es ein in dieser Form bis heute einzigartiger Trip war. Was vollkommen in Ordnung ist, schließlich ist es beim ersten Mal doch erlaubt, verrückten Scheiß auszuprobieren, oder?

 

TR-Adventskalender #18

15417787_924096917691931_994482926_o

Ho,ho,ho- Los gehts! Die Weihnachtszeit rückt näher und wir wollen euch etwas ganz besonderes präsentieren: Den ersten Adventskalender auf tramprennen.org. Jeden Tag bis Weihnachten (oder auch daüber hinaus..) gibt es für euch eine Geschichte von unserer allerallerersten Tramperfahrung! Viel Spaß mit den Geschichten und wir freuen uns riesig über weitere “Mein-erstes-Mal”-Geschichten für den Adventskalender. Schickt Eure einfach an gro.nennerpmartnull@ofni. Whoop,Whoop!

#18: Minerva

Trampen? Echt jetzt? So dieses “Daumen-raus-an-der-Straße-stehen”-Trampen? Als mir meine neuen Mitbewohner in Deutschland davon erzählten, wie sie nur mit einem Rucksack und ein paar hundert Euros quer durch Europa gereist sind, schaute ich völlig verdutzt aus der Wäsche.

Es war gerade Herbst, als ich in Kiel ankam um zu studieren. Deutsch hatte ich während meiner Arbeit als Nanny gelernt und jetzt hatte ich tatsächlich das Glück, in einer WG mit wahren Tramprennen-Experten zu landen.

Trampen, das war für mich zu der Zeit etwas aus Filmen oder aus Jack Kerouacs Buch, aber als jemand, der in den 90er Jahren in Kolumbien aufgewachsen ist, absolut nichts aus dem realen Leben.

Klar, wir hatten traumhafte Strände und Berge, leckere Früchte und generell tolles Essen sowie ein paar fantastische Tanzfilme, aber das alles stand immer im Zusammenhang mit einer gehörigen Portion Misstrauen gegenüber unseren Mitmenschen. Man musste immer vorsichtig sein, die Gefahr lauerte überall und niemals, wirklich niemals, hätte man einen Fremden in sein Auto steigen lassen.

Das erklärt vielleicht ungefähr den Schock, den ich hatte, als Anna und Max mir nicht nur erklärten, dass Trampen in Deutschland funktionieren würde, nein, sie nutzen es als völlig normales Transportmittel. Und nicht nur das, dabei treffen sie auch noch besondere Menschen und entdecken die tollsten Orte.

Es dauerte ein Semester, bis ich meine kolumbianischen Ängste tatsächlich überwand und es einfach versuchte.

Es war Sommer und mein Gast-Großvater hatte eine Operation in Hamburg, wo ich ihn besuchen wollte. Max und Anna wollten zufällig auch nach Hamburg und so passte das perfekt. Wir standen vor dem Ikea in Kiel und sind getrampt. Ich konnte es nicht glauben: Ich war gerade dabei zu trampen. Ich! Die Person, die sich in Bogota nicht mal traute, den Busfahrer zu fragen, ob sie 30 Cent weniger zahlen muss (Ja, das kann man in Kolumbien machen.).

Ich weiß nicht mehr, wie lang es dauerte, vielleicht eine halbe Stunde, bis ein türkischer Mann in einem LKW uns zuwinkte und wir bei ihm einstiegen. Es war fantastisch, ich war wie in Ekstase und er fuhr auch noch genau nach Hamburg!!!

Nachdem ich natürlich noch ein obligatorisches Foto für mein „Was-verrückte-Eurpäer_innen-machen“-Album gemacht hatte, war ich infiziert mit dem Tramp-Virus.

Ich bin bis nach Istanbul und zurück getrampt, ich war im Süden Spaniens, in Italien und an so vielen weiteren Orten, die ich ohne das Reisen per Anhalter niemals kennengelernt hätte. Ich habe so unglaublich tolle, gastfreundliche Menschen getroffen und ich habe es sogar geschafft, ein paar meiner Freunde aus Kolumbien zum Trampen zu bringen!

TR-adventskalender # 13

15409704_922657707835852_847575466_o

Ho,ho,ho- Los gehts! Die Weihnachtszeit rückt näher und wir wollen euch etwas ganz besonderes präsentieren: Den ersten Adventskalender auf tramprennen.org. Jeden Tag bis Weihnachten (oder auch daüber hinaus..) gibt es für euch eine Geschichte von unserer allerallerersten Tramperfahrung! Viel Spaß mit den Geschichten und wir freuen uns riesig über weitere “Mein-erstes-Mal”-Geschichten für den Adventskalender. Schickt Eure einfach an gro.nennerpmartnull@ofni. Whoop,Whoop!

 

# 13: Lisa

Als meine erste Tramperfahrung beschreibe ich gerne das gesamte Tramprennen 2016.  Vorher bin ich noch nie mit rausgestrecktem Daumen von A noch B gereist, aber ich wollte es endlich ausprobieren. Im letzten Jahr konnte ich nicht am Rennen teilnehmen, weil Timing eben ein Arschloch sein kann, wie wir alle wissen.

Vor dem Start war ich skeptisch: Während meines Engaments für eine lokale Aktivist:innengruppe bin ich mit vielen Menschen ins Gespräch gekommen, die auf der exakt gleichen Route, die ich zum Spaß bereisen wollte, Fluchterfahrungen gesammelt hatten. Ich war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte, dass es für mich so viel einfacher sein würde als für sie, einfach nur weil ich im Besitz dieser speziellen kleinen Plastikkarte war, die ich tagtäglich in meinem Geldbeutel mit mir herumtrage.

Und dann war er da – mein erster Lift überhaupt. Ein Mann Mitte 50 sammelte uns an einer Tankstelle am Ortsausgang von Innsbruck ein und versprach uns zu einem besseren Spot nahe der Autobahn zu bringen. Im Nachhinein frage ich mich schon ein bisschen, warum er überhaupt für uns angehalten hat und was er wohl von uns dachte, als ich in meinem FC St. Pauli T-Shirt mit dem großen Totenkopf auf der Vorderseite so am Straßenrand stand…

Als wir nämlich mit dem oberflächlichen Geplänkel, darüber wo wir denn herkommen und wo er denn hinfährt fertig waren, befanden wir uns ziemlich schnell in einer politischen Diskussion, für die ich am frühen Morgen definitiv noch nicht bereit war. Während mein Hitchmate sich auf der Rückbank in einem Stadium irgendwo zwischen todesverkatert und einfach übermüdet befand, verbrachte ich etwa eine Stunde damit, mit unserem Fahrer über die Unterschiede zwischen deutscher und österreichischer Politik und die europäische Asylpolitik zu diskutieren. Als er schließlich sichtlich enttäuscht davon war, dass ich ihm nicht die genauen Zahlen aller Sozialhilfe beziehenden Renter:innen in Deutschland nennen konnte – und das obwohl ich doch Politikwissenschaften studiere! – war unsere Diskussion schon so aufgeheizt, dass er vergaß uns am eigentlich geplanten Spot rauszuwerfen.

Also ging es gemeinsam noch ein Stück weiter auf der Landstraße: Während ich von seiner Sturheit immer genervter wurde, schien ihm die Diskussion wirklich Spaß zu machen. Eine seiner Äußerungen, werde ich wohl so schnell nicht vergessen: Er war überzeugt davon, dass ich nur so überzeugt von dem Konzept offener Grenzen bin, weil ich ja noch so jung und unerfahren sei. Aber in zwanzig oder dreißg Jahren, sagte er, da würde sich meine Meinung bestimmt geändert haben. Das auch ich dann eine der Personen sein werde, die es problematisch findet nicht-deutsche Nachbar:innen zu haben. Dass auch ich dann Angst haben und mich um die Zukunft meiner Kinder sorgen würde, wegen all dieser geflüchteten Menschen und ihren uns unbekannten Traditionen.

Diese Aussage blieb mir eine ganze Weile im Kopf und alles, was ich dazu sagen kann, ist: Wenn das wirklich der Fall sein sollte, dann habe ich irgendwann etwas ganz furchtbar falsch gemacht! Zum Glück gelang es meinem Hitchmate an genau diesem Punkt, sich doch noch ins Gespräch einzubringen und das Thema wechselte relativ schnell zu Fußball, wo es auch blieb, bis  uns unser Lift schließlich am McDonalds in der nächsten Kleinstadt unserem Schicksal überließ.

Für den Rest dieses ersten Tramptages und den Rest des Tramprennens 2016 waren die meisten unserer Lifts freundliche und aufgeschlossene Menschen und ich bin ihnen allen sehr dankbar dafür, meine erste Tramperfahrung mitgestaltet zu haben. Und auch diesem ersten Lift bin ich dankbar, wenn auch auf eine andere Art. Er hat mir gezeigt, wie wichtig es ist für eine der Grundannehmen, die vom Tramprennen unterstützt werden, einzustehen: Grenzen für die Menschen zu schließen, die auf deren Offenheit am meisten angewiesen sind, während andere Menschen unzählige Privilegien genießen, derer sich die meisten nicht einmal bewusst sind, ist nicht, wie die Dinge funktionieren sollten. Und diese Aussage muss verbreitet werden. Deswegen, mein lieber rassistischer Fahrer aus Innsbruck, halte ruhig Ausschau nach mir – am Besten gleich nach allen, die diese Meinung teilen – Ich bin mehr als motiviert dieses Thema wieder aufzugreifen, falls wir das Vergnügen haben sollten uns ein zweites Mal zu treffen.

„Wir führen einfach viele Gespräche“

Das Team „solidarische Trampwirtschaft“ hat einfach mal losgelegt wie die Feuerwehr und schon jetzt bald 500€ Spenden für Viva con Agua und Pro Asyl eingesammelt. Deshalb haben wir mal ein kleines Interview mit Matze aus dem Team gemacht.

tramp_black-500

 

Hallo Matze, habt ihr damit gerechnet, dass das Spenden sammeln so gut läuft?

Nö, so wirklich haben wir damit nicht gerechnet. Wir sind ja mit 150 Euro als Ziel auch eher bescheiden da ran gegangen. Wir freuen uns natürlich darüber, dass es so unerwartet gut los ging.

 

Wie habt ihr potenzielle Sponsoren angesprochen?

Wir führen glaube ich einfach viele Gespräche direkt mit Freunden und Familie. Dazu haben wir jetzt auch über soziale Netzwerke und Mailverteiler Menschen aufmerksam gemacht.

 

Woher kommen eure Sponsoren? Sind das Bekannte, Freunde oder auch völlig fremde Leute?

Völlig Fremde sind das selten. Die meisten sind irgendwie aus unserem engeren Umfeld. Wir durften aber auch schon eine Spende aus Madagaskar von einer Viva con Agua-Aktivistin verbuchen.

 

Habt ihr noch Tricks, Tipps und Hinweise, mit denen ihr den anderen Teams, die sich ebenfalls auf Sponsorensuche befinden, helfen könnt?

Leute ansprechen…umso mehr Zeit mensch sich dafür nimmt und den Hintergrund erklärt, umso eher sind potenzielle Spender*innen bereit etwas locker zu machen. Ich persönlich frage auch immer einfach auch nur 1 oder 2 Euro zu spenden. Viele kleine Spenden sind ein Zeichen von breit gefächertem Verständnis der Leute und mir deshalb lieber als ein paar große Spenden

 

Habt ihr euch noch was Besonderes einfallen lassen um Sponsoren zu gewinnen?

Wir bieten ab bestimmten Beträgen an, unseren Teamsticker und Postkarten von unterwegs zu verschicken. Damit haben wir gerade erst angefangen und hoffen nochmal einen kleinen Anreiz und Verbindung zur Sache zu schaffen und danke zu sagen. Mal sehen wie das läuft.

 

Erste Find a hitchmate Party in Berlin

party_berlinIhr seid noch auf der Suche nach einem Partner / einer Partnerin für das Tramprennen 2016? Oder/ und ihr wollt einfach einen netten Abend mit coolen Leuten und spannenden Gesprächen über Raststätten, Wartezeiten und Trampschilder verbingen? Dann sehen wir uns hoffentlich am Freitagabend in Berlin.

Für mehr Infos checkt das Faceboob-Event.